Mikwe – jüdisches Ritualbad
In der Synagoge in Bad Segeberg gibt es eine Mikwe.
Sie ist der erste Mikwenneubau seit der Shoa in Schleswig-Holstein und die einzige, die in Nutzung ist. Diese Mikwe steht allen Jüdinnen und Juden offen. Sie wird bei Bedarf und nach Absprache geöffnet sein.
Für die Mikwe wird Regenwasser verwendet. Das Regenwasserauffangsystem und die Zisternen unterliegen einer strengen rabbinischen Kontrolle.
Möglich wurde der Bau der Mikwe u.a. durch finanzielle Zuwendungen der Stiftung Holsteins Herz, die nachhaltige Projekte der Region unterstützt.
Die Mikwe ist das rituelle Tauchbad einer jüdischen Gemeinde, deren Besitz und Nutzungsmöglichkeit eine hohe Bedeutung zukommt. Früher hatte fast jede jüdische Gemeinde ein solches Bad. Das Wasser einer Mikwe muss reinstes fließendes Wasser sein, das zuvor nicht bearbeitet, ja noch nicht einmal herangetragen wurde; man spricht von „lebendigem“ Wasser.
Bei dem Bau und der Nutzung einer Mikwe müssen von Rabbinern überwachte streng nach dem jüdischen Religionsgesetz begründete Regeln eingehalten werden. Als Mikwenwasser kommt nur Quell-, Grund- oder gesammeltes Regenwasser in Frage.
Der Zweck der Mikwe ist nicht das Erlangen hygienischer, sondern ritueller Reinheit. Als rituell unrein gilt nach jüdischer Tradition zum Beispiel Blut oder das Berühren von Toten. Eine Mikwe wird häufig von Frauen benutzt, nachdem sie ein Kind geboren haben, nach der Menstruation, am Vorabend der Hochzeit oder für die Zeit nach der Heilung von bestimmten Krankheiten. Sie wird in traditionellen Kreisen auch von Männern vor Beginn des Schabbats oder von Feiertagen zum Untertauchen benutzt. Ein weiterer Anlass in der Mikwe unterzutauchen ist die Konversion zum Judentum, was sowohl für Männer als auch für Frauen Bedingung ist. Auch Gegenstände können in einer Mikwe im kultischen Sinne gereinigt werden.
Um eine erfolgreiche rituelle Reinigung durchführen zu können, darf nichts Fremdes am Körper vorhanden sein. Den vollständigen Kontakt des reinen Wassers mit dem Körper darf nichts verhindern, so ist z. B. Schmuck, Lippenstift, Nagellack, Kontaktlinsen, Ehering, Pflaster, Bandagen oder Bekleidung vollständig vom Körper zu entfernen. Es muss auch darauf geachtet werden, dass der gesamte Körper mitsamt den Haaren untergetaucht wird. Vor dem Untertauchen wird eine Segnung gesprochen. Der Vorgang des vollständigen Untertauchens bezeichnet man mit „Tewila“.
Mit der Abwanderung vieler Juden aus den Landgemeinden im 19./20. Jahrhundert und der Auswanderung bzw. der Deportation der jüdischen Bevölkerung während der NS-Zeit standen viele Mikwen leer oder wurden Opfer der Zerstörung. Dennoch sind viele Tauchbäder erhalten geblieben. Heutzutage sind Mikwen moderne Anlagen, von denen es in Deutschland nur knapp 30 gibt. Die Mikwe in Bad Segeberg wird mit Regenwasser betrieben, das über ein speziell konstruiertes Kunststoffdach und Kunststoffrohrsystem in Zisternen geleitet wird. Das dort gesammelte Wasser besitzt eine ständige Verbindung zu dem Wasser in dem Mikwenbecken.