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Gedenkplatz Elmshorn

Diese Zitate finden sich auf dem Gedenkplatz in Elmshorn:

 

Ich kann mit meinem Menschenbruder sprechen.

aus: Ich kann mit meinem Menschenbruder sprechen

Ernst Waldinger
Geboren am 16.10.1896 in Wien, gestorben am 1.2.1970 in Saratoga Springs (New York)

Ernst Waldinger meldete sich 1915 freiwillig zum Militärdienst und wurde schwer verwundet. Er studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Wien. 1938 emigrierte er in die USA, wo er sich in den ersten Jahren als Bibliothekar und Verkäufer durchschlug. Er war einer der Gründer des Aurora-Verlages, New York. 1947 – 1965 wurde er als Professor für deutsche Sprache und Literatur an das Skidmore Collage in Saratoga Springs berufen.
Ernst Waldinger verstand sich Zeit seines Lebens als österreichischer Essayist und Lyriker. Seine Gedichte drückten häufig seine Sehnsucht nach und seine Liebe zu seiner Heimat Österreich aus. 1960 erhielt er den Literaturpreis der Stadt Wien.
Ernst Waldinger starb am 1. Februar 1970 in Saratoga Springs.

 

An Stelle von Heimat
halte ich die Verwandlungen der Welt -

aus: In die Flucht

Nelly Sachs
Geboren am 10.12.1891 in Berlin, gestorben am 12.5.1970 in Stockholm

Nelly Sachs entstammt einem assimilierten jüdischen Elternhaus. Mit 17 Jahren schreibt sie ihre ersten Gedichte. 1940 erhält sie den Befehl zur Gestellung in einem Arbeitslager. Sie emigriert noch im selben Jahr mit ihrer Mutter nach Stockholm. Ihre Rettung nach Schweden verdankt sie Selma Lagerlöf. 1960 reist sie zur Annahme des Drostepreises zum ersten Mal nach der NS-Zeit nach Deutschland.
Sie distanzierte sich von ihrer frühen Lyrik vor 1943 und versuchte, den namenlosen Ermordeten der Massenvernichtung eine Stimme zu geben. Auschwitz war für sie ein Riss durch die Schöpfung, so dass die traditionelle Ästhetik der Sprache danach versagen musste. Sie versuchte, ähnlich wie Paul Celan, neue Ausdrucksformen in der Lyrik zu finden. Damit verband sie ihre Warnung vor jedem ideologischen Missbrauch der Sprache. 1966 erhielt Nelly Sachs gemeinsam mit S.Y. Agnon den Literaturnobelpreis.
Nelly Sachs starb 1970 in Stockholm.

 

Wer hat mir
den Regenbogen
aus dem Blick gerissen

aus: Ich halte mich fest

Rose Ausländer
Geboren am 11.5.1901 in Czernowitz, gestorben am 3.1.1988 in Düsseldorf

Rose Ausländer wird als Rosalie Beatrice Ruth Scherzer in Czernowitz geboren. Dort geht sie zur Schule und studiert danach einige Semester Literatur. Sie kommt mit einer vitalen Gruppe junger literaturinteressierter Menschen zusammen, die ethische und literarische Probleme der modernen Lyrik diskutieren. Nach dem Tod ihres Vaters wandert sie 1921 zum ersten Mal nach Amerika aus, wo sie Ignaz Ausländer heiratet. 1931 kehrt sie wegen Krankheit der Mutter nach Czernowitz (unter rumänischer Staatshoheit) zurück.
1931 – 1936 erfolgen erste Gedichtpublikationen, daneben arbeitet Rose Ausländer journalistisch und fertigt Übersetzungen an. Ihr erstes Buch erscheint 1939. Als 1941 – 1944 SS-Truppen Czernowitz besetzen, werden Rose Ausländer und ihre Familie im Ghetto der Stadt gefangen gesetzt. Es folgen Zwangsarbeit und Todesnot in einem Kellerversteck. 1944 besetzen russische Truppen die Bukowina. Die jüdische Bevölkerung wird befreit. Rose Ausländer arbeitet in der Stadtbibliothek von Czernowitz.
1946 emigriert sie über Bukarest und Marseille nach New York. Hier schreibt sie für kurze Zeit, nicht zuletzt durch die Bekanntschaft mit Marianne Moore, Gedichte in englischer Sprache. Immer aber schreibt sie auch weiter in Deutsch; Schreiben bedeutet für sie Überleben. Das Wort ist für sie das einzig Sichere in ihrem Leben.
1965, nach vielen Reisestationen, wird Rose Ausländer in die BRD eingebürgert und zieht nach Düsseldorf. 1976 erscheint ihre erste Gedichtausgabe im Verlag Braun, 1991 beginnt die Herausgabe der Taschenbuch-Gesamtausgabe.
Rose Ausländer stirbt 1988. In den letzten Jahren vor ihrem Tod wird das Schreiben während ihrer Bettlägrigkeit für sie zum Lebensersatz.

 

Bald hüllt Vergessenheit mich ein wie Schnee.

aus: Bald hüllt Vergessenheit mich ein

Hans Sahl
Geboren am 20.5.1902 in Dresden, gestorben am 27.4.1993 in Tübingen

Hans Sahl studierte Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte und promovierte 1924 in Breslau. Danach war er Theater- und Filmkritiker in Berlin. Über Prag und Zürich emigrierte er 1933 nach Paris. Nach Gefangenschaft in einem Internierungslager floh er nach Marseille, wo er mit einem der letzten Schiffe nach New York entkam. Dort wurde er Kulturkorrespondent der „Neuen Zürcher Zeitung“, der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Welt“. Hans Sahl veröffentlichte Romane, Erzählungen, Gedichte, Hörspiele, Theaterstücke und zwei Erinnerungsbände: „Memoiren eines Moralisten“ und „Das Exil im Exil“ (Verlag Luchterhand).
Hans Sahl hat Zeit seines Lebens Gedichte geschrieben, sie waren immer in seinem „Überlebensgepäck“. Seit 1989 lebte Hans Sahl in Tübingen, wo er 1993 starb.

 

Aus dem Geheimnis kommen wir, in das Geheimnis gehen wir, Geheimnis bleiben wir uns selbst.

aus: Ich lebe in Jerusalem

Schalom Ben-Chorin
Geboren am 20.7.1913 in München, gestorben am 7.5.1999 in Jerusalem

Schalom Ben-Chorin, als Fritz Rosenthal 1913 geboren, studierte in München Germanistik, Philosophie und vergleichende Religionswissenschaft. 1934 erhielt er Publikationsverbot und emigrierte 1935 nach Jerusalem.
Dort arbeitete er als Schriftsteller, Dozent und als Journalist der Tageszeitung „Jediot Chadaschot“. Er beschäftigte sich mit religiösen Gegenwartsfragen und gründete eine Gemeinde in der jüdisch-liberalen Tradition seiner Münchener Geburtsstadt. 1956 unternahm er mehrere Vortragsreisen nach Deutschland und in das übrige Europa und wurde ein Wortführer im christlich-jüdischen Dialog (z.B. „Bruder Jesus“, dtv Nr. 1253). Er verfasste vor allem, aber nicht nur, theologische Schriften.
Schalom Ben-Chorin starb am 7. Mai 1999 in Jerusalem.

 

Wir waren. Wir sind.

aus: Schneebett

Paul Celan
Geboren am 23.11.1920 in Czernowitz, gestorben im April 1970 in Paris

Paul Celan wurde als Paul Antschel in Czernowitz geboren, wo er auch das Gymnasium besuchte. „Es war eine Gegend, in der Menschen und Bücher lebten“. Nach einem Jahr Medizinstudium in Frankreich kehrte er 1939 nach Czernowitz zurück und begann ein Romanistikstudium. Er erlebte 1940 die Besetzung der Bukowina durch sowjetische und 1941 durch deutsche und rumänische Truppen und musste ab 1941 mit seiner Familie im Ghetto von Czernowitz leben. 1942 wurden seine Eltern an den Bug deportiert und dort ermordet. Celan wurde zur Zwangsarbeit in einem rumänischen Arbeitslager gezwungen. 1944 kehrte er nach Czernowitz zurück, 1945 ging er als Übersetzer und Lektor nach Bukarest.
Im Mai 1947 kam es zur ersten Veröffentlichung von Celans Gedichten in der rumänischen Zeitschrift „Agora“. Nach einem Aufenthalt in Wien ließ sich Celan 1948 in Paris nieder. Hier begann er ein Studium der Germanistik und Sprachwissenschaft. Er heiratete die Graphikerin Gisèle Lestrange.
„Wirklichkeitswund und Wirklichkeit suchend“, so hat Celan seine Gedichte einmal charakterisiert. Er schleppte das Trauma der Verfolgungen und Krematorien mit sich herum; trotzdem schrieb er in seiner geliebten „Muttersprache“, die zur „Sprache der Mörder“ geworden war. Er machte sich in seinen Gedichten auf den schwierigen Weg zu poetischer Gültigkeit.
Ende April 1970 nahm sich Paul Celan in der Seine das Leben.

 

Ich bin in Sehnsucht eingehüllt

aus: Tränenhalsband

Selma Meerbaum-Eisinger
Geboren am 15.8.1924 in Czernowitz, gestorben am 16.12.1942 im Arbeitslager Michailowska (Cariera de piatra)

Selma Meerbaum-Eisinger wurde nur 18 Jahre alt; schon seit ihrem 15. Lebensjahr schrieb sie Gedichte. Sie starb an Flecktyphus in einem deutschen Arbeitslager jenseits des Bug. 57 Gedichte sind von ihr erhalten, viele davon waren an ihren Freund Lejser Fichman gerichtet, der später auf der Flucht nach Palästina umkam.
In Israel sammelte Selmas ehemaliger Lehrer Hersch Segal ihre Gedichte, die sich zum Teil bei ihren Freundinnen befanden, und gab sie als Privatdruck heraus. 1980 veröffentlichte der Exilforscher Jürgen Serke, der durch Hilde Domin auf Meerbaum-Eisinger aufmerksam gemacht worden war, die Gedichte in der Bundesrepublik Deutschland unter dem Titel „Ich bin in Sehnsucht eingehüllt“.