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Jean Labowsky

Jean Labowsky, erster Stadtdirektor Bad SegebergsJean Labowsky, erster Stadtdirektor Bad SegebergsSpäte Ehrung für Jean Labowsky

 

 

 

Am 24. Juni 2004 wurde das Jüdische Zentrum in Bad Segeberg eingeweiht.

 

Der Weg von der Kurhausstraße bis zur Synagoge wurde auf Beschluss der Segeberger Stadtvertretung Jean-Labowsky-Weg genannt - eine späte Ehrung für den Namensträger.

 

Jean Labowsky überlebte die Judenvertreibung und -vernichtung in Bad Segeberg. Nach dem Krieg wurde er von der britischen Kommandantur am 19. Januar 1946 als Stadtdirektor in Bad Segeberg eingesetzt - als ein Mann, dem die Briten vertrauen konnten. Auf eigenen Wunsch hin beendete er am 30. April 1950 diese Aufgabe. Er hat die Kreisstadt in der unmittelbaren Nachkriegszeit vorbildlich vertreten.

 

Bei der Enthüllung des "Jean-Labowsky-Weg"-Schildes waren seine Töchter Alice und Liesl anwesend.

 

"Unser Vater wurde verfolgt, und wir wurden verfolgt und verachtet, das war eine sehr böse und schwere Zeit für uns, über die wir gar nicht mehr sprechen und an die wir nicht einmal erinnert werden möchten", sagten die Schwestern übereinstimmend. "Wir freuen uns aber sehr, dass unser Vater jetzt doch noch in Bad Segeberg geehrt und eine Straße nach ihm benannt wird. Das hat er der Jüdischen Gemeinde zu verdanken," sagten Liesl Schwarz und Alice Hasselberg.

 

Jean Labowsky wurde am 09. November 1891 in Hamburg geboren. Am 19. November 1925 heiratete er in Bad Segeberg Minna Saggau, geb. 14. Oktober 1903 in Bad Segeberg. Ihre gemeinsamen Töchter Liesl und Alice kamen 1926 und 1927 zur Welt.

 

Jean Labowsky verdiente sein Geld als Landhändler von Lebensmitteln. Ab 1933 arbeitete er in Bad Segeberg bei Hugo Behrens in der Rohproduktesammlung. Einige ihm treugebliebene Bauern auf dem Land haben weiterhin seine Dienste als fliegender Landhändler in Anspruch genommen.

 

Nach dem Reichbürgergesetz musste sich Jean Labowsky ab den 31. Januar 1939 den zusätzlichen Vornamen Israel beim Standesamt Bad Segeberg eintragen lassen. Er fand trotz vieler Schwierigkeiten noch 1939 Arbeit in der Ziegelei in Mielsdorf bei Heinrich Flucke.

 

1933 gab es laut einer Volkszählung 502.800 Juden im Reichgebiet, bei ca. 65 Millionen Einwohnern. Bei einer erneuten Volkszählung 1939 wurden 20.454 "Mischehen" gezählt. Zu 75 % waren die Männer jüdisch. Nach Kriegsende hatten im Reichsgebiet nur 25.000 Juden überlebt. Davon waren über 16.000 Juden, die in Mischehen mit einem "arischen" Partner verheiratet waren. Es war vom NS-Regime geplant, das Thema "Mischehen" nach dem gewonnenen Krieg zu "lösen". Nach der Wannseekonferenz am 20. Januar 1941 sollten Mischehen zwangsgeschieden werden; dies wurde im Wannseeprotokoll so festgehalten. Ein Entwurf zur rechtlichen Zwangsscheidung im Oktober 1943 kam jedoch bis zum Kriegsende nicht zur Besprechung mit Adolf Hitler.

 

Nur diesem Umstand und der Treue seiner christlichen, "arischen" Ehefrau Minna ist es zu verdanken, dass Jean Labowsky überleben konnte. Dass seine Töchter minderjährig waren - Alice war bei Kriegende noch keine 18 Jahre alt - trug dazu bei.

 

Minna Labowsky wurde mehrfach von Segeberger Nationalsozialisten, allen voran Werner Stiehr, Kreisleiter der NSDAP unter Druck gesetzt, sich von Jean Labowsky scheiden zu lassen. Jean Labowsky wurde am 12. November 1938 von der Segeberger Polizei in "Schutzhaft" genommen und der Gestapo in Neumünster übergeben, vermutlich auf Anordnung von Werner Stiehr. Von Neumüster aus wurde er in ein Arbeitslager in Eggebek gebracht. Die dort Inhaftierten sollten den Flugplatz, Fliegerhorst Eggebek, später Tarp genannt, errichten. Am 02. Dezember 1938 wurde Jean Labowsky dort entlassen. Seine Frau Minna musste ihren Mann "auslösen", indem sie für Kost während der drei Wochen in Eggebek und die Rückfahrt aufkommen musste. Sie hatte zuvor beim Landrat Waldemar von Mohl um Hilfe gebeten. Ob dieser Umstand zu seiner Entlassung führte, ist nicht bekannt. Jean Labowsky hat von Mohl, der sich in einem britischen Internierungslager bei Neumünster befand, nach dem Krieg einen so genannten "Persilschein" zukommen lassen, eine Art Leumundszeugnis, welches im Entnazifizierungsverfahren dem entlassenen Landrat Waldemar von Mohl hilfreich war.

 

1964 verstarb Jean Labowsky in Bad Segeberg. Die Jüdische Gemeinde und die Kreisstadt Bad Segeberg haben ihm mit der Namensgebung des Weges zum neuen jüdischen Zentrum ein Denkmal gesetzt.

 

(Foto: Archiv ZASTROW)

(Info: Nachzulesen ist die Geschichte von Jean Labowsky auch im Heimatkundlichen Jahrbuch des Kreises Segeberg (ab Seite 125), im Internet unter der Adresse www.alt-bramstedt.de/Inhalt/NSDAPuKirche/body_nsdapukirche.html und in dem Buch "Menora und Hakenkreuz", erschienen im Wachholtz-Verlag, Neumünster (ab Seite 339).)

 

Fotos von Gesche Cordes:

Die Töchter Jean Labowskys und ihre Familien bei der Namensgebung am 20. Mai 2007Die Töchter Jean Labowskys und ihre Familien bei der Namensgebung am 20. Mai 2007

Enthüllung des neuen StraßenschildesEnthüllung des neuen Straßenschildes

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